Kommunen lehnen Kürzungen der kommunalen Finanzausstattung strikt ab und fordern eine faire Behandlung im kommunalen Finanzausgleich
„Die Landesregierung hat von den Kommunen erwartet, einer Kürzung der Mittel zuzustimmen, ohne eine Lösung für den kommunalen Finanzausgleich zu haben. Das ist für die Kommunen indiskutabel“, kritisierte Thomas Schreitmüller, Landesvorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages das Scheitern der Gespräche zwischen Land und Kommunen zu den Finanzbeziehungen und machte deutlich: „Das Gutachten zum Finanzausgleich macht eine Steigerung der Zuweisungen an die Kommunen notwendig“. Er betonte, die Kommunen sicherten durch Straßen, Schulen, Kitas, Kultur, Wohnungsbau, Wirtschaftsförderung und vieles mehr die Lebensqualität im Lande.
„Die Kommunen können und werden es nicht akzeptieren, dass entgegen der wissenschaftlichen Feststellungen eines gemeinsam in Auftrag gegebenen Gutachtens die kommunale Finanzausstattung vermindert wird. Die Landesregierung muss sich an den eigenen Zielen messen lassen und diese werden nicht erreicht, indem Mittel bei der Sozialhilfe oder bei der Integration in Millionenhöhe gekürzt werden und unter dem Strich ein Minus für die Kommunen ergibt“, sagte Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel und Vorsitzender des Städtetages. „Bereits im Jahr 2020 bei den Schwächsten der Gesellschaft zu sparen und die finanziellen Rahmenbedingungen für die Integration deutlich zu verschlechtern ist die falsche Antwort auf die Herausforderungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und den Entwurf eines Integrationsgesetzes im Schleswig-Holsteinischen Landtag.“
Ernüchtert kommentiert Reinhard Sager, Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages und Landrat des Kreises Ostholstein, das Ergebnis der Verhandlungen: „Der Kreis Ostholstein gehörte 2017 mit den Kreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg zu denjenigen, die ein Urteil erstritten haben, das dem Land aufgibt, den Finanzausgleich bedarfsorientiert auszugestalten. Diese Bedarfsanalyse liegt nun vor und definiert eine Richtgröße von 186 Mio. Euro, die die Kommunen im Land pro Jahr zusätzlich über den kommunalen Finanzausgleich erhalten müssen. Dass nun gerade die CDU geführte Landesregierung, die damals als Opposition an unserer Seite stand und ebenfalls gegen den kommunalen Finanzausgleich geklagt hatte, nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, das Gutachten umzusetzen und die Kommunen für ihre Aufgaben auskömmlich auszustatten, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Ich hoffe sehr, dass Ministerpräsident Daniel Günther die Kraft und das Geschick aufbringt, in der kommenden Zeit den Kommunen ein faires, zukunftsfestes FAG vorzulegen.“
„Die Kommunen haben in Anbetracht der Finanzlage des Landes Angebote gemacht und Entwicklungs- und Anrechnungspfade beschrieben, wie für einen längeren Zeitraum die vom Gutachter festgestellte optimale Symmetrie und damit das Anerkenntnis der Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit von Aufgaben des Landes und Aufgaben der Kommunen erreicht werden kann. Die Erfüllung der berechtigten Ansprüche der Kommunen muss Priorität im Landeshaushalt erhalten“, sagte Eckernfördes Bürgermeister Jörg Sibbel, Vorsitzender des Städtebundes Schleswig-Holstein. Mittel, die die Kommunen bereits heute erhalten, nur umzuwidmen, werde nicht ausreichend sein, um den kommunalen Finanzausgleich für die Zukunft neu aufzustellen.
„Als Interessenvertretung der Kommunen können wir keine Vereinbarung schließen, die gegenüber dem Status quo eine Verschlechterung der Finanzsituation der Kommunen um ca. 30 Mio. Euro jährlich vorsieht und zugleich keinen Pfad erkennen lässt, das vom Gutachten definierte Ziel zu erreichen. Der Unmut an der kommunalen Basis war in den vergangenen Wochen schon spürbar. Wir gehen davon aus, dass jetzt alle Reformprojekte der Jamaika-Regierung mit Kommunalbezug erneut in den Fokus rücken, zum Beispiel auch die Kita-Reform ohne erkennbare Entlastungswirkung für die Kommunen“, stellten die Geschäftsführer Jörg Bülow, Dr. Sönke Schulz und Marc Ziertmann gemeinsam fest.
Die Kommunen wiesen darauf hin, dass der Anteil der Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes (Verbundsatz im Finanzausgleich) von jetzt 17,83 % auf 19,78 % steigen müsste, damit eine gerechte Verteilung der Mittel zwischen Land und Kommunen entsteht. Im Jahr 2018 hätte dies 186 Mio. Euro mehr für die Kommunen bedeutet. Den Kommunen sei klar, dass dieser Schritt nicht in einem Jahr zu leisten sei. Daher hätten die Kommunen einen über mehrere Jahre gestreckten Aufwuchspfad des Verbundsatzes angeboten. Das Land sei nicht bereit gewesen, konkret darüber zu sprechen.
Die Jamaika-Koalition hat den Kommunen im Koalitionsvertrag versprochen, sie fair zu behandeln und will die Kommunen im Rahmen der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs u.a. in die Lage versetzen, ihrer Verpflichtung im Schulbau und zum Ausbau kommunaler Straßen nachzukommen. Das gemeinsam in Auftrag gegebene Gutachten zum kommunalen Finanzausgleich kommt zu dem Ergebnis, dass der bedarfsorientierte Symmetriekoeffizient (SK) von 0,9577 eine Ungleichverteilung zulasten der kommunalen Ebene zeigt und dass eine zwischen Land und Kommunen perfekte Verteilungssymmetrie eine entsprechende Anhebung des Verbundsatzes im kommunalen Finanzausgleich erfordert. Dies hat zur Folge, dass das Land erhebliche zusätzliche Mittel den Kommunen zur Verfügung stellen muss.
Nach den geführten Verhandlungen mit der Landesregierung stellen alle kommunalen Landesverbände gemeinsam fest, dass die eigenen Ziele der Koalitionsfraktionen nicht nur nicht erreicht werden. Im Gegenteil: Die Finanzausstattung soll für die Kommunen noch deutlich verschlechtert werden, in dem künftig Mittel bei der Sozialhilfe und Mittel für die Integration in Millionenhöhe gekürzt werden sollen.